Samstag, 20. Februar 2016

Ich bin voller Hass - und das liebe ich

Oh mein Gott, schon die zweite Buchvorstellung in diesem Monat! :o

Heute stelle ich euch das Buch vor, Ich bin voller Hass - und ich liebe es von Joachim Gaertner.
Es ist diesmal kein Thriller sondern brutale Realität, ein Dokumentarischer Roman über die Amokläufer der Columbine Highschool.

Das faszinierende Psychogramm zweier Jugendlicher, die zu Massenmördern wurden. 

>> Das letzte Schuljahr kommt auf die Klasse von 1999 zu. Wie die meisten meiner Mitschüler bin ich mir unsicher, was ich davon erwarten soll. Aber ich nehme an, dass ich mehr Spaß haben werde als in allen Schuljahren bisher. Auf jeden Fall mehr Freiheit.<<
Dylan Klebold, Attentäter, in einem Schulaufsatz, 18.8.1998

>>Insgesamt, glaube ich, wird das Jahr voller Überraschungen sein.<<
Eric Harris, Attentäter, in einem Schulaufsatz, 19.8.1998

>> Ich bin voller Hass - und das liebe ich<< erzählt zutiefst erschütternde und bewegende Geschichten des Attentats an der Columbine Highschool in Littleton am 20.4.1999.
Und zwar ausschließlich anhand von Original Dokumenten:
Tagebüchern, Interneteinträgen, Verhöhrprotokollen und Aussagen von Beteiligten. Ein Buch, das den Blick öffnet für das Ungeheuerliche einer Tat, die von den Tätern bis ins kleinste Detail in der Fantasie, in literarischen Szenen, Tagebüchern, auf Internetseiten und in Videos ausgebildet wurde, bis sie schließlich katastrophale Realität wurde.

>>Ein bemerkenswertes, denkwürdiges, zutiefst verstörendes Buch.<< 
Badische Zeitung.

Der Buchtitel entspringt einem Tagebucheintrag von Eric Harris.

Das Buch umfasst 15 Kapitel, in denen Zeichnungen, Schulaufsätze, Tagebucheinträge. Internetseiten, Chatverläufe, Polizeiakten, den  Anruf bei der Polizei und Verhöhrprotokolle beinhaltet und einem Nachwort von Joachim Gaertner.
Es hat 192 Seiten.

Ich habe mir das Buch damals gekauft, weil ich zu der Zeit ein großer Fan der beiden war, sie waren in einer meiner dunkelsten Zeiten meine Helden gewesen, ja das hört sich sehr  speziell und alles an, aber so war das.

Das Buch hatte ich an einem Tag durch und ich hatte es noch öfters gelesen.
Es wurde sogar zu dem Buch, das ich in der Schule vorgestellt hatte, als jeder ein Buch mitbringen sollte und darüber erzählen sollte.
Ich bekam dafür eine 3, obwohl ich nur zwei Minuten über das Buch gesprochen habe und die restliche Stunde wurden dann nur über Nazis diskutiert, wieso auch immer.

Und ich muss sagen, bei den ganzen Schulaufsätzen hätte ich die beiden schon zum Vertrauenslehrer geschickt, dafür würde ich euch gerne jeweils einen Schulaufsatz der beiden zeigen.

Die Stadt war auch um 1 Uhr nachts immer noch voller Leben, als der ganz in Schwarz gekleidete Mann die leeren Straßen hinunterging. Der Mond war kaum sichtbar, versteckte sich hinter Wolken, verlieh der Atmosphäre etwas frostiges. Der Klang seiner Schritte war das, was man am stärksten an dem Mann wahrnahm. Im Gemurmel und Getöse der Stadt war kein einziger Laut von ihm zu hören, außer seinen dunklen, monotonen Schritten, verbunden mit dem Klingen einer Kette, die an seinem Gürtel hing und an zwei deutlich sichtbare Pistolen schlug.
Sein Gesicht war völlig im Schatten, aber auch wenn ich seinen Ausdruck nicht sah, konnte ich och seinen Zorn fühlen, der die Luft durchschnitt wie eine Rasierklinge. Er schien zu wissen, wohin er ging. Er blieb vor einer Bar stehen, dem >>Watering Hole<<,  und wartete. Eine Gruppe von schnöseligen Streber - Studenten  in teuren Spießer - Klamotten kam aus der Bar. Ein paar von ihnen angetrunken, der Rest nüchtern. Sie blieben stehen und starrten ihn an.Die Straßelichter, die die Bar & den Gehsteig beleuchteten, gaben mir ein klares Bild von ihrem Blick, der voller Furcht & Lähmung war. Sie wussten, wer er war und warum er hier war. Der zweitgrößte von ihnen sagte laut: >>Was machst du, Mann...Warum bist du hier...?<< Der Mann in Schwarz sagte nichts, aber ich konnte fühlen, wie die Wut in ihm hochstieg.
>>Los, Mann, schieß auf mich!<<, sagte der Kleinste der Gruppe, offensichtlich ein eingebildetes, machthungriges Arschloch.
>>Ich will, das du auf mich schießt! - Hey, du willst nicht? Verdammte Pussy!<<
Zuerst war es schwach, aber dann wuchs sein Lachen an Intensität und Kraft. Dieses Lachen hätte Satan in der Hölle erschauern lassen. Die Geschäftigkeit der Stadt kam zum Erlingen, und alle Aufmerksamkeit war jetzt auf diesen Mann gerichtet.
Einer der Studenten begann sich langsam rückwärts zu bewegen. Drei Schüsse fielen. Drei Schüsse trafen den größten der Streber in den Kopf. Das Licht der Straßenlaternen spiegelte sich in den Blutstropfen, die von seinem Schädel wegflogen.
Die Blutspritzer regneten auf die Kumpel des Strebers nieder, die zu gelähmt waren, um wegzulaufen.
Die restlichen vier Schnösel wurden nicht so systematisch hingerichtet, dafür mit größerer Wut. Der Mann entlud eine seiner Pistolen in die Gesichter der vier Unschuldigen, ihre leblosen Körper fielen mit bemerkenswerter Schnelligkeit.
Es war still, als er wieder an mir vorbeikam. Er blieb stehen und sah mich mit einem Blick an, den ich nie vergessen werde.
Wenn ich jemals eine Erscheinung Gottes gehabt hätte, hätte sie ausgesehen wie dieser Mann. Der Mann lächelte, und in diesem Moment verstand ich, wie von selbst, seine Taten.
(Dylan Klebold, Schulaufsatz, Creativ - Writing - Class, 2.3.1999)

I am a nice guy who hates when people open their pop can just a little.
I wonder what mysoccer team will be like in the Spring.
I hear myself turning on the ignition of an F-15.
I see myself flying abouve everyone else.
I want to fly.
I am a nice guy who hates when people open their pop can just a little.

I pretend I am walking on the moon.
I feel that I will get straight A's again.
I touch the sky.
I worry that I will have a fire in my house.
I cry when I see or hear a dog die.
I am a nice guy who hates when people open their pop can just a little.

I undrstand how to play soccer.
I say that sport is something that you have to break a sweat in.
I dream that I am the only person on Earth.
I try to be as nice as i can.
I hope there isn't another O.J Simpson trial.
I am a nice guy who hates when people open their pop can just a little.
(Erc Harris, Creative - Writing - Class, 30.10.1995)

Wie man hier schon raus ließt, war Dylan, derjenige, der es offen beschrieben hat, während Eric eher der stillere von beiden war.
Bei der Tat selbst war Eric wie ein Soldat, während es Dylan lautstark Spaß machte.

Bei dem Nachwort gibt es noch einen interessanten Absatz den ich euch gerne noch zeigen möchte.

Es muss also  etwas anderes, Stärkeres gewesen sein als die Erregung durch Medien und literarische und filmische Vorbilder, das ihre Phantasmen so übermächtig werden ließ, dass sie ihnen ab einem bestimmten Punkt nicht mehr entfliehen konnten.
Diese beiden künstlerisch begabten Jungs sprechen ja in ihren Erzählungen, ihren Hasstiraden, ihren Tagebüchern - in fiktiven oder geheimen Texten also, dort wo sie sich unerkannt und sicher fühlen konnten - ganz offen von ihren Gefühlen, ihrem Hass, ihrer unerfüllten Liebe und ihrer Todessehnsucht. Und dabei entwickeln sie eine Ausdrucksfähigkeit und eine Sprachmacht, die verblüfft. Gleichzeitig aber sind sie nicht annähernd in der Lage, der realen Umgebung auch nur die geringste Ahnung von der Brisanz dieser Gefühle zu vermitteln. Sie können in der Realität nicht im Ansatz nach außen kommunizieren, was sie im Inneren so souverän und sogar ironisch distanziert ausdrücken können.
Gegen die, von denen sie sich ausgegrenzt fühlen, Mitschüler, Eltern, Lehrer, können sie sich nur fiktiv wehren. Da rächen sie sich grausam und blutig. Aber tatsächlich verstecken sie sich in ihrer sorgsam abgeschotteten Innenwelt. Und dort werden die Fantasien immer übermächtiger, der Druck immer größer, bis ihnen der gewaltsame Ausbruch in die Wirklichkeit als die einzige, visionäre Lösung erscheint.




Zeichnungen der Beiden!

Am liebsten würde ich euch noch mehr Texte der beiden zeigen, aber dann wäre mein Blog 1. viel zu lang (was er wohl so schon ist) und 2. würde dann das halbe oder sogar ganze Buch auf meinem Blog sein.

Das Buch erhält von mir 5 von 5 Punkten, einfach weil ich es großartig finde, die ganzen Texte der beiden, die eine Seite zeigt, die keiner kannte und dazu noch die ganzen Interviews die genau das bestätigen und einem wunderbaren Nachwort.

Jeder, der gerne die Abgründe von Menschlichkeit ließt oder der sich mehr für die beiden Interessiert, dem kann ich das Buch nur ans Herz legen!




Alles Liebe&Gute,
Sam ♥ 

2 Kommentare:

  1. Habe ich mir mal notiert, danke für den Tipp.

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  2. Abgründe der Menschen sind meine Spezialität vielleicht sollte ich das auch mal lesen.
    Es klingt auf jeden Fall sehr interessant. Und du kannst dich auch freuen, denn jedes Buch, was man so sehr gut findet, bereichert das Leben.

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